Sonntag, 9. Oktober 2022

Blick ins Fotoalbum (Predigt) hl

Konfirmationsjubiläum am 9. Oktober 2022 in der Sommersdorfer Kirche.
Bibelwort: Psalm 91,11. Predigt: Pfarrer i.R. Hans Löhr
 

Liebe Jubelkonfirmanden, liebe Gemeinde,

da sitzt ihr nun mit eurem Sträußchen am Revers, viele von euch mit grauem oder weißem Haar, mit Lach- und Sorgenfalten, reich an allerhand Lebenserfahrung im Guten wie im Bösen, reich an mancherlei Können und Wissen, das ihr euch in den vielen Jahren eures Lebens angeeignet habt. Reich an Freuden und reich an Schmerzen, reich an Enttäuschung, aber hoffentlich auch reich an dem, was geglückt ist. Und es muss eine ganze Menge geglückt sein, wenn man fast 65, 75, 80 oder gar 85 Jahre alt geworden ist. Heute im Gottesdienst fragen wir aber auch: Wie ist das alles zu bewerten, was man im Lauf seiner Jahre erlebt hat?

Bei der Rückschau darauf tauchen alte Bilder aus einer versunkenen Zeit auf. Eure Erinnerungen sind wie ein riesiges Fotoalbum voll mit Bildern von dazumal. Schlagen wir es also auf und blättern darin ein wenig herum im Album der Erinnerung:

Da seht ihr Bilder von Menschen, von denen ihr längst Abschied genommen habt. Eure Eltern schauen euch darauf an, als wollten sie sagen: „Was ist das nur für eine Zeit, in der ihr lebt?! Sind das wirklich noch unsere Häuser, die Ihr jetzt bewohnt? Unsere Dörfer, in denen es kaum noch Bauern gibt?" Und erst eure Großeltern! Was würden die wohl sagen, wenn sie heute noch einmal zurück kämen? Auf den alten Bildern der Erinnerung ist vielleicht auch der eine oder andere Mitkonfirmand oder Konfirmandin zu sehen, die euch schon vorausgegangen sind. 

Im Fotoalbum eurer  Erinnerung befinden sich Bilder aus glücklichen Tagen, Hochzeitsbilder und Taufbilder, Bilder, die eure Erfolge zeigen im Beruf, auf dem Hof, wo auch immer. In diesem Album finden sich aber auch Bilder aus traurigen Tagen, bei jedem von euch. Ihr selbst wisst am besten, was nicht so gekommen ist, wie ihr es euch erträumt hattet. Wo Krankheit und Unglück, Schuld und Leid das Leben verdüstert haben. Und manch einer von euch ist allein geblieben oder geschieden oder der Partner oder die Partnerin ist gestorben und lebt nur noch in der Erinnerung weiter.

Urgroßvater erzählt

Dazu will ich euch ein Bilderbuch vor Augen malen, in dem ein Urgroßvater der Urenkelin aus seinem Leben erzählt. Der Urgroßvater genießt es, dass das Kind ihm mit ehrfürchtigem Staunen zuhört. Und so erzählt er, was er alles geschafft hat, welchen Gefahren er entronnen ist, wo er gesiegt hat, wo ihm das Glück hold war, wo man ihn bewundert hat und so weiter. Immer ist es in den Geschichten für den Urgroßvater letzten Endes gut ausgegangen. Und er weiß, sein Leben dem Mädchen so darzustellen, dass dieses ihn wegen seines Mutes, seines Könnens, seiner Kraft und seines Glücks bewundert.

Zu allen diesen Geschichten ist in dem Bilderbuch ein Bild wie ein Foto gemalt. Man sieht, wie der Urgroßvater als Bub auf einen hohen Baum klettert. Man sieht ihn im Krieg, wie neben ihm eine Granate eingeschlagen ist, er selbst aber unverletzt bleibt. Man sieht, wie der Urgroßvater die Urgroßmutter heiratet und wie er voll stolz seinen Sohn, den Großvater der Urenkelin, auf den Schultern trägt. Man sieht das Haus, das der Urgroßvater gebaut hat, das Auto, das er sich gekauft hat, das Geschäft, das er aufgebaut hat. Man sieht, wie er nach einem Unfall unverletzt einem zerstörten Fahrzeug entsteigt und wie er nach einer schweren Krankheit lachend das Krankenhaus verlässt. 

Doch auf all diesen Bildern im Buch ist noch etwas zu sehen, von dem der Urgroßvater nicht erzählt. Überall ist ein Engel abgebildet. Einer steht unter dem hohen Baum, auf den der Urgroßvater als kleiner Bub geklettert ist, um ihn aufzufangen, falls er fällt. Einer lenkt die Granate von ihm ab. Einer hält bei der Hochzeit von Urgroßvater und Urgroßmutter segnend seine Hände über sie. Einer steht bei der Geburt des Sohnes hinter der Mutter. Einer hält schützend seine Hand über das Haus. Einer hilft ihm aus dem Unfallwagen. Einer öffnet die Tür, als der Urgroßvater das Krankenhaus verlässt.

Dieses Bilderbuch zeigt eine zentrale Wahrheit, eine, die wir in der Bibel im Psalm 91 finden. Da heißt es: „Gott ist unser Vater im Himmel, der seinen Engeln befohlen hat, dass sie uns behüten auf allen unseren Wegen.(Psalm 91,11) Auf allen? Ja, auf allen. Denn Gottes Engel behüten uns nicht nur vor dem Leid, sondern auch im Leid.

Engel sind in der Bibel und auch sonst Bilder dafür, dass Gott unsichtbar in unserem Leben anwesend ist und alle Tage deines Lebens bis heute seine schützende und segnende Hand über dir hält. Du wärst nicht da, wenn er nicht da wäre für dich. Und darum heißt sein Name in der hebräischen Bibel auf Deutsch „Ich-bin-für-dich-da“. Das ist Gottes wirklicher Name. Das ist sein Wesen. Das macht Gott aus, dass er für dich da ist, Tag und Nacht, in guten wie in bösen Tagen. Du siehst ihn nicht. Genauso wenig wie du siehst, dass ein anderer an dich denkt. Doch er begegnet dir in Jesus, im Kind in der Krippe und im Mann am Kreuz. So eingehüllt in Armut und Leid, in Erbarmen und Liebe begegnet er dir. So kann und will er auch den Armen dieser Erde nahe sein und denen, die leiden.

Eigene Erinnerungen

Wenn wir im Fotoalbum unserer eigenen Erinnerungen blättern, dann finden sich auch Bilder aus schweren Tagen. Und wer genau hinsieht, wer mit den Augen des Glaubens hinsieht, der kann auch auf diesen Bildern die Engel entdecken, die Zeichen dafür, dass Gott selbst  dir in Jesus Christus nahe ist.

Da ist der Engel, der den Verstorbenen an der Hand nimmt, den wir loslassen mussten.
Da ist der Engel, der inmitten der Nacht der Verzweiflung ein kleines Hoffnungslicht anzündet.
Da ist der Engel, der eine Tür öffnete, wo es in deinem Leben aussichtslos zu sein schien.
Da ist der Engel, der dich getragen hat, als du selbst keine Kraft mehr zum Gehen hattest.
Da ist der Engel, der die Hände des Arztes bei deiner Operation geführt hat.
Da ist der Engel, der dir seine Schulter geliehen hatte, als du eine schwere Last tragen musstest.

Du kannst die Bilder aus dem Album deiner Lebenserinnerungen so oder so ansehen: Mit oder ohne Engel, mit oder ohne Gott. Sag selbst, was rückblickend auf dein Leben zutrifft. Sag selbst, wie du weiterleben möchtest. 

Blättern wir im Fotoalbum eurer Erinnerungen noch einmal zurück zum Tag eurer Konfirmation. Vermutlich habt ihr ein Gruppenfoto von jenem Tag. Heute lachen die jüngeren Leute darüber, wie ihr damals, 1952, kurz nach dem Krieg ausgesehen habt, in dem Jahr, als die junge Queen den Thron bestiegen hat. Oder 1957, als mit dem Sputnik, dem ersten Satelliten, die Raumfahrt begann. Oder 1962, als die Welt während der Kubakrise aus Angst vor einem Atomkrieg den Atem angehalten hat. Oder 1972, als die Olympischen Spiele in München so heiter begonnen hatten und dann vom Angriff palästinensischer Terroristen verdunkelt wurden.

Ja, vielleicht lachen die Jüngeren heute über euer Aussehen damals, über die Frisuren und die Mode und darüber, wie ihr damals gelebt habt. Lasst sie lachen! Noch bis vor kurzem meinten viele, dass solche alten Zeiten mit ihren Problemen für immer vorbei seien. Aber die Armut auf unserer Erde ist nicht vorbei und der Hunger nicht besiegt. Der Krieg ist in den Osten Europas zurückgekehrt. Die Preise explodieren. Das Geld wird weniger wert. Die Corona-Seuche ist nicht überwunden und über allem hängt das Damoklesschwert der globalen Klimakatastrophe. Mit einem Satz, die Probleme und Herausforderungen sind geblieben und werden bleiben, auch wenn sie heute andere Namen tragen.

Konfirmanden damals und heute

An einem Punkt aber gleichen sich die Konfirmanden auf den Bildern damals und heute wie ein Ei dem anderen: Immer blicken die 13 und 14jährigen etwas verunsichert in eine Zukunft, die sie nicht kennen und von der sie nicht wissen, was sie bringt. Aber damals wie heute gilt, dass auf dem Gruppenfoto für den, der genau hinsieht, Gottes Engel zu sehen sind. Sie haben nicht nur die Aufgabe, den Konfirmanden, die das Leben noch vor sich haben, in guten wie in bösen Tagen beizustehen. Gottes Engel haben vor allem die Aufgabe, dass sie uns durch die Irrungen und Wirrungen dieser Welt und Zeit einmal sicher nach Hause führen zu unserem Gott und Vater.

Damals, am Tag eurer Konfirmation, wurdet ihr mit seiner Kraft gesegnet, nicht nur mit Kraft für den Leib, sondern vor allem mit Kraft für die Seele. Und heute werdet ihr in Erinnerung an jenen Tag noch einmal gesegnet. Ich bin überzeugt, dass es euch gut tun wird, wenn ihr nachher wieder aus der Kirche geht in dem Bewusstsein, gesegnet zu sein.

Damals, am Tag eurer Konfirmation, wurdest du vor dem Altar gefragt, ob du im Glauben an Jesus Christus, deinen Herrn und Heiland, bleiben willst. Heute werde ich diese Frage an dich nicht richten. Du bist inzwischen alt und erfahren genug, dass du dir diese Frage selbst stellen kannst. Damals hast du ja gesagt. Wie ist deine Antwort heute?

Da sitzt ihr also mit eurem Sträußchen am Revers, viele von euch mit grauem oder weißem Haar, mit Lach- und Sorgenfalten, reich an allerhand Lebenserfahrung im Guten wie im Bösen, reich an Freuden und reich an Schmerzen.

„Bis hierher hat mich Gott gebracht“ - heißt es in einem Kirchenlied. Bis hierher haben euch seine Engel geleitet. Dafür wollen wir ihm dankbar sein. Und darauf wollen wir vertrauen, dass Gott uns auch durch die Zeit bringen wird, die noch vor uns liegt. Er ist ja für uns da und geht mit durch gute und durch schlechte Zeiten. Geh an seiner Hand! Amen

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Herzliche Grüße,                           

Ihr / dein Hans Löhr

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5 Kommentare:

  1. Danke für diese wunderbare Predigt!

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  2. Von mir auch danke für die sehr schöne Predigt und den wunderbaren Gottesdienst... Ich konnte dabei sein und bin berührt.

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  3. Herzlichen Dank für den Engel der uns mit seinen Gedanken zu Losung und Lehrtext teilhaben lässt! Herr wir bitten dich segne und behüte ihn! Amen

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  4. Dankeschön, das ist eine sehr schöne Predigt !

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  5. Jetzt leben wir glücklich zusammen. Wenn Sie irgendwelche Eheprobleme haben, werde ich Sie beraten Kontaktieren Sie ihn für Ihre Zeugnisse. Er heilt auch tödliche Krankheiten, wie er mir sagte, aber ich bin 100% gesund und er hat meine Ehe repariert. Ich bin glücklich
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