Losung: Die Völker werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum
Glanz, der über dir aufgeht. Jesaja 60,3
Lehrtext: Die Stadt bedarf keiner Sonne noch des Mondes, dass sie ihr scheinen; denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm. Und die Völker werden wandeln in ihrem Licht. Offenbarung 21,23-24
Liebe Leserin, lieber Leser,
gestern habe ich aus Thailand ein Foto bekommen, wo
eine Familie gerade Urlaub macht: Sommer und Sonne, Sandstrand und Palmen. Das
ist einer der Traumorte für viele. Hier bei uns ist es seit vielen Wochen nass und kalt. Ich wäre jetzt
auch gerne an einem solchen Traumort in der Karibik oder in Südostasien oder
Südamerika, wo der Tag lang ist und die Luft warm. Obwohl, auf Weihnachten und
den Jahreswechsel im kalten und dunklen Deutschland möchte ich auch nicht
verzichten. Wenigstens in der Fantasie braucht es offenbar Sehnsuchtsorte, von
denen Menschen träumen können, mehr noch, von denen sie hoffen, irgendwann
einmal dort zu sein, am besten für immer.
Sehnsuchtsort
Jerusalem
Für die Juden zur Zeit des Alten Testaments war
Jerusalem so ein Sehnsuchtsort. Auch für die frühen Christen war diese Stadt
noch ein Symbol für das Ziel, wohin sie unterwegs waren. Allerdings nicht das
Jerusalem, wie es damals in Wirklichkeit aussah, sondern wie man es sich
erträumt hatte, als eine himmlische Fantasiestadt, in der Gott bei den Menschen
wohnen und sein Licht alle erleuchten würde (Lehrtext), sogar die fremden Völker. Auch sie würden sich aufmachen, um Gott in Jerusalem
anzubeten und ihre Schätze zu bringen (Losung). Das Jerusalem der Endzeit war damals, was für die Christen in späteren
Zeiten das Paradies war, ein Ort des Friedens und des Trostes, der Geborgenheit und des göttlichen
Lichts, wo man die Tore und Türen offen lassen kann, weil man keine Feinde und
Diebe mehr zu fürchten hat (Offenbarung 21,24-26).
Dieses innere Bild vom endzeitlichen Jerusalem
scheint bei den Menschen damals eine große Kraft entfaltet zu haben. Es half
ihnen, die oft so dürftige, ärmliche und von Gewalt erfüllte Gegenwart zu
ertragen. Sie lebten in der Hoffnung, dass es nicht immer so sein und bleiben
würde, wie es gerade war. Alles sollte und würde sich zu ihren Gunsten ändern,
weil sie doch glaubten, Gottes Volk zu sein und er sie nicht im Stich lassen
würde.
Das
Bild Jesu
Doch die geschichtlichen Ereignisse führten dazu,
dass zumindest bei den Christen die Sehnsucht nach Jerusalem verblasste. An
ihre Stelle trat immer deutlicher das Bild Jesu, in dem sich ihnen Gott zeigte.
Gerade in den ersten Jahrhunderten war für sie das Bild des guten Hirten von
großer Bedeutung (zB in Ravenna), der sie beschützte und ernährte. In der orthodoxen Ostkirche,
deren Mittelpunkt das damalige Byzanz (heute Istanbul) war, schob sich das Bild
von Jesus Christus als dem Weltenrichter in den Vordergrund. Er würde dafür
sorgen, dass die Guten und Frommen zu ihm in die ewige Seligkeit kommen, während
die anderen in den Schlund der Hölle müssen. In der Westkirche mit ihrem
Mittelpunkt Rom trat daneben immer stärker das Bild des gekreuzigten Jesus hervor, durch
den die Welt und der einzelne Gläubige erlöst werden würde. Auch hier galt und
gilt die Bedingung, dass der Mensch, der für immer gerettet sein will, an Jesus
glauben und sein Leben, so gut es geht, an ihm ausrichten muss.
Der
Jesus-Film
Bei mir ist es kein einzelnes Bild, sondern eher
eine Abfolge von Bildern wie in einem kleinen Film. Meinen Glauben prägt das
Bild vom wehrlosen Kind im Stall, mit dem Gott seinen Menschen die Liebe
schenkt. Ich sehe vor meinem inneren Auge den Vater, der dem verlorenen Sohn
mit ausgebreiteten Armen entgegenläuft. Ich sehe den Samariter, der seinem
Feind, dem verletzten Juden, die Wunden verbindet und ihn in Sicherheit bringt.
Ich sehe Jesus auf dem Hügel am Ufer des Sees Genezareth, wie er seinen
Zuhörern die Seligpreisungen schenkt, in denen es um Barmherzigkeit, Sanftmut,
ein reines Herz, Gerechtigkeit, Demut, und Frieden geht. Ich sehe ihn auf der
Hochzeit von Kana, wie er dafür sorgt, dass der Wein der Freude nicht ausgeht. Ich
sehe vor mir den Prediger der Gewaltlosigkeit und der Feindesliebe, der den
Menschen ihre Schuld und ihr Versagen vergibt, der die moralisch Strauchelnden
nicht noch stößt und tritt, sondern sie in Schutz nimmt und ihnen aufhilft. Ich
sehe vor mir den, der die Hilfesuchenden heilt und an der Seite der kleinen
Leute bleibt: der Machtlosen und Armen, der Frauen und Kinder. Ich sehe vor mir
den Prediger der Vaterliebe Gottes, der mit seinem Verhalten und mit seiner
Botschaft, mit seinem Gottvertrauen und seiner Menschenfreundlichkeit das Böse
überwindet und selbst noch denen vergibt, die ihn umbringen. Und ich sehe den,
der als Auferstandener bis heute in denen lebendig ist, die auf ihn trauen und
geduldig die sucht, die ihn nicht kennen.
Er ist mein „Jerusalem“. Er ist mein inneres Bild. Er ist mehr als nur ein Sehnsuchtsort. Er ist der, der oft unerkannt an meiner Seite ist – und an deiner, in Freude und Leid. Er gibt mir die Kraft, immer wieder neu in seinem Sinn zu leben und für diese Welt und uns Menschen zu hoffen – allen schlechten Verhältnissen und Nachrichten zum Trotz.
Gebet: Herr, mit deinem Bild vor meinem inneren Auge will ich leben und sterben. Alles, was mir wichtig ist, schöpfe ich nicht aus mir. Es ist dein Geschenk. Du selbst bist das überwältigende Geschenk Gottes, das Zeichen seiner Gnade, der Beweis seiner Liebe, die Offenbarung seiner Herrlichkeit. Du bist meine Kraft. Deinetwegen will ich zuversichtlich und im Glauben treu bleiben. Amen
Herzliche Grüße,
Ihr / dein Hans Löhr
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1728 erschien
in Herrnhut die erste Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten Testament, das
für jeden Tag des Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext, ein passendes
Bibelwort aus dem Neuen Testament, ausgesucht. Inzwischen erscheinen die
täglichen „Losungen“ in etwa 50 Sprachen.
Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das
Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärksten wachsen lässt.
Amen
AntwortenLöschenDanke, lieber Pastor Löhr, für die prägnante Herausstellung, wer Jesus Christus ist und damit, wer Gott ist.
AntwortenLöschenJesus ist sein wirkliches Ebenbild.
(Kolosser 1,15)
Danke für Ihren schönen Text, ich finde eine geschichtliche Einordnung immer erhellend! Und Ihr Jesus Film ist mega! (beglückend 😀)
AntwortenLöschenDanke Herr Löhr,
AntwortenLöschenin diese Auslegung spürt man Ihre Berufung,Ihr Geschenk Gottes.
Einprägsamer ,klarer ,deutlicher
und auf den Punkt gebracht,kann man es nicht zusammen fassen.
Danke 🙏
Ute
Genau so ist es ,
AntwortenLöschenseine Vergebung und Gnade gilt allen seinen Menschenkinder.
Auch einen Mao,Stalin,Hitler und alle weiteren Diktatoren an denen Menschenblut klebt.Und auch alle Kinder schänder.
Auch dann noch wenn sie nicht einmal ihre Taten bereuen.
🙏