Samstag, 15. Mai 2021

Mein letzter Wille hl

Losung: Es ist ein köstlich Ding, geduldig sein und auf die Hilfe des HERRN hoffen. Klagelieder 3,26 

Lehrtext: Der Herr richte eure Herzen aus auf die Liebe Gottes und auf das Warten auf Christus. 2.Thessalonicher 3,5 

Liebe Leserin, lieber Leser, 

was die Losung sagt, können wir sagen, die wir die eine oder andere Gefahr oder gefährliche Krankheit überstanden haben. Doch die anderen, die trotz Geduld und Hoffen in den verschiedenen Katastrophen umgekommen sind - sie würden das wohl nicht sagen, hätten sie noch eine Stimme.

Das wusste auch Jeremia, der die Klagelieder verfasst hat. Er selbst fand sich in einer ausweglosen Situation vor. Das Kapitel 3, aus dem unsere Losung kommt, ist ein erschütterndes Dokument eines Menschen, der von Gott geschlagen ist. Jedenfalls sieht Jeremia sein Schicksal so. Und obwohl ich das nicht glauben kann, dass Gott Menschen straft und schlägt, will ich die Sätze aus den Klageliedern nicht einfach abtun. Sie enthalten eine wertvolle Erfahrung, die ich mir als Reserve für meine größte Not aufsparen will. Eine Erfahrung, die auch der sterbende Jesus am Kreuz gemacht hat:

Beide, Jeremia und Jesus habe ihr größtes Leid mit Gott in Verbindung gebracht. Beide sehen ihn daran beteiligt, ja sogar als Verursacher. Jeremia klagt:
»Ich bin der Mann, den Gott mit seiner Rute schlägt. Voller Zorn hat er mich fortgejagt und immer tiefer in die Finsternis getrieben. Gegen mich sind seine Hiebe gerichtet, den ganzen Tag trifft mich seine strafende Hand.« Und Jesus klagt: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?«

Und was ist an einer solchen Erfahrung wertvoll?

Ich weiß ja nicht, wie ich das sehen würde, wäre ich in einer ähnlichen Situation. Wäre ich beispielsweise unter großen Schmerzen ans Bett gefesselt ohne Aussicht, jemals wieder gesund zu werden. Doch ich will nicht ohne jeden Glauben sterben und schon gar nicht mit einem Fluch auf den Lippen. Ich will mich auch dann noch wie Jeremia und Jesus an meinen Gott wenden können, ihn mit meinen Klagen und Fragen suchen, ihn mit meinem letzten Funken Glauben festhalten und die Hoffnung nicht aufgeben, dass er mich hört und so oder so meiner Not ein Ende macht. Ich sage bewusst nicht: ich möchte das oder ich wünsche mir das, sondern ich will das. Das, und nicht irgendein Testament, soll mein letzter Wille sein. Und wenn das Letzte in meinem Leben ein Verzweiflungsschrei wäre, so will ich ihn doch nicht ins Nichts schreien, sondern in Gottes Ohr.

Das also ist meine „Reserve“, dass ich Gott bis zuletzt für mein Schicksal nicht aus der Verantwortung entlasse, es ihm, wenn es sein muss, klage, ihn deswegen anklage und frage: „Mein Gott, warum tust du mir das an?“ Denn auch das ist noch Glaube. Vielleicht sogar der tiefste und stärkste, wozu ein Mensch fähig ist. Erst wenn ich vor Gott verstumme und ihm absage, ist es auch mit dem Glauben vorbei.

Doch, liebe Leserin, lieber Leser, doch so weit bin ich nicht und hoffe auch nicht, jemals soweit kommen zu müssen. Nach wie vor kann ich ihm für mein Schicksal danken und sagen: 

Gebet: Herr, auf dich habe ich nicht vergeblich gehofft. Du hast mich gesegnet, und segnest ja mich noch. Du hast mir in allen meinen Nöten geholfen. Du hilfst mir mein Leid tragen und schenkst mir immer wieder Freude. Auf dich hoffe ich weiterhin. Erspare mir die Feuerprobe der Verzweiflung und lass mich bis zum Ende dir vertrauen können. Amen 

Ich hoffe ja auch in der größten Not nicht auf irgendeinen Gott, sondern auf den, der in Jesus Christus zu mir kommt, der in ihm selbst Leid, Schmerzen, Verzweiflung und den Tod erlitten hat. Der mir in Jesus auch in meinem Elend nahe ist und mich durch die Täler des Schreckens wieder ans Licht bringt, so oder so, hier oder dort. 

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr

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1 Kommentar:

  1. Ja auch ich habe nicht nur einfache Zeiten hinter mir,aber auch in schweren Zeiten fühlte ich mich von Gott getragen.
    Ich versuche mir dann vorzustellen(zumindest immer öfter), was würde Jesus jetzt tun?
    Der tiefste Glaube ist wahrscheinlich wirklich der ,auch in der grössten Not,Gott nicht aus der Verantwortung zu lassen, das hat mir Ihre heutiger Text klar gemacht.
    Danke

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