Predigt in der Peterskirche in Thann
Liebe Freunde,
am 10. Juli früh morgens gegen 6:00 Uhr kam das
Hochwasser der Altmühl nach Thann, überschwemmte die Anwesen unmittelbar am
Fluss und lief in die Keller. Sogar die Straße davor wurde überflutet und musste
gesperrt werden.
Die betroffenen Anwohner brachten noch in der Nacht
ihre Sachen in Sicherheit. Dann kam die Freiwillige Feuerwehr und pumpte mit
starken Pumpen immer wieder das Wasser ab, damit es nicht die Stromversorgung
erreichte. Die meist jungen Leute packten kräftig mit an und blieben die
darauffolgende Nacht und den ganzen Tag, um die Situation zu überwachen.
Da sich alles in Grenzen hielt, wurden alsbald
Bierbänke aufgestellt und die Helfer machten aus der Situation das Beste: Sie
setzen sich zusammen und ließen es sich bei Essen und Trinken gut gehen.
Ein
paar Tage später in der Eifel war den Menschen nicht mehr nach Feiern zumute.
Da liefen nicht nur die Keller voll. Da hat das Wasser ganze Häuser samt ihren
Bewohnern weggerissen. Vermutlich sind über 200 Menschen ums Leben gekommen.
Zahlreiche wurden schwer verletzt. Eine Lawine aus Wasser, Schlamm, Geröll,
Bäumen und beschädigten Autos ergoss sich in die Dörfer und richtete schwerste
Verwüstungen an.
Auch
da waren die Feuerwehren vor Ort. Aber das reichte bei weitem nicht. Ohne lange
nach dem Staat und seinen Behörden zu rufen, packten alle mit an, die konnten.
Besonders die Bauern mit ihren Maschinen und Geräten waren eine große Hilfe.
Sie holten auf eigene Kosten und eigenes Risiko die Trümmer und den Schlamm aus
den Straßen und Höfen und transportierten alles ab.
Manche von den Freiwilligen haben sich über die überwältigende Dankbarkeit der Flutopfer gefreut. Doch sie waren auch enttäuscht, dass sie von offizieller Seite nichts gehört haben. Vielleicht hat man ja inzwischen die Anerkennung und das Dankeschön nachgeholt, auf das die Helfer in der ersten Zeit vergeblich gewartet haben.
Und
jetzt will ich mit euch die ganze Angelegenheit im Licht des Glaubens
betrachten. Was hat es denn mit der Hilfsbereitschaft und mit dem Dank auf sich?
Es stimmt mich für unsere Gesellschaft hoffnungsfroh, dass in Notfällen so
viele helfen. Da wird nicht erst lange gefragt: „Was habe ich davon?“. Da wird
einfach angepackt und nicht wenige arbeiten dann bis zu Erschöpfung. Und, da
bin ich mir sicher, das würde auch die Feuerwehr von Thann machen und alle
Bewohner und auch noch die aus den umliegenden Dörfern, wenn die Not groß wäre.
So will ich an dieser Stelle schon einmal allen, die jetzt im Einsatz waren,
ein herzliches Dankeschön sagen. Auf euch kann man sich verlassen.
Aber
woher kommt diese Hilfsbereitschaft? Im Predigtwort für diesen Sonntag sagt
Jesus: »Ihr seid
das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen?
Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den
Leuten zertreten. Ihr seid das
Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter
einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause
sind.
So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie
eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.« Matthäus 5, 13-16
Wenn du das genau liest, dann fällt auf, dass es hier
nicht heißt: Ihr sollt Salz und Licht sein, sondern ihr seid es. Das gilt damals wie heute. Wer auch immer seinen
Mitmenschen in Not hilft, ist ein solches Salz und ein solches Licht. Er tut
das ja nicht, weil er soll, sondern weil er will. Offenbar steckt Hilfsbereitschaft
in viel mehr Menschen, als man normalerweise annimmt. Und natürlich wird ihnen
auch zu Recht gedankt. Sie haben jede Anerkennung verdient.
Doch
Jesus schließt bei seinen Worten mit einer Überraschung. Er sagt: »Lasst euer
Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen.« Und nun
erwartet man, dass er fortfährt: »und dass sie euch dafür danken und preisen.«
Stattdessen sagt er: »damit sie euren Vater im Himmel preisen«.
Das
ist interessant und aufschlussreich. Denn das besagt doch, Gott selbst ist es,
der das Gute in jedem Menschen bewirkt, egal ob dieser gläubig ist oder nicht,
Christ oder nicht. In jedem Menschen lebt und wirkt etwas von der großen und
guten Macht, die wir Gott nennen. Oft spürt man nichts davon. Und viele haben
davon auch keine Ahnung. Sie helfen halt, weil sie in sich den Wunsch dazu verspüren. Doch woher dieser Wunsch und diese
Hilfsbereitschaft kommen, darüber machen sich die meisten keine Gedanken. Müssen
sie auch nicht.
Doch
uns hier hilft das, Gott besser zu erkennen. Er ist nicht weit weg. Er ist zu jeder Zeit und an jedem Ort bei dir und wirkt in dir. Er gibt dir täglich
Mut und Kraft zum Leben. Aber er wirkt auch durch dich und ist so für deine
Mitmenschen da. Dafür können wir ihn preisen.
In
einem bekannten Satz heißt es: »Christus hat
keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun. Er hat keine Füße, nur unsere Füße, um zu denen zu gehen,
die in Not sind. Christus
hat keine Lippen, nur unsere Lippen, um Menschen zu ermutigen und
zu trösten. Er hat keine Hilfe, nur unsere Hilfe, um anderen zu helfen und sie für
sich zu gewinnen«. (Modifikation: HL)
Dass Gott auch durch mich anderen hilft, das ist meine Ehre. Das
ist die Ehre eines jeden, dem seine Mitmenschen nicht gleichgültig sind und der
ihnen in der Not beisteht. Ja, jeder Mensch kann Salz der Erde und Licht der
Welt sein, wenn er nicht nur an sich, sondern auch an andere denkt. Er kann das
sein, nicht weil er soll, sondern weil Gott in ihm wirkt.
Zuletzt aber will ich noch auf die Frage eingehen: Warum hat Gott
so eine verheerende Flut wie in der Eifel überhaupt zugelassen? Ehrlich gesagt,
ich weiß es nicht. Natürlich könnte ich jetzt sagen: Es war wieder einmal der
Mensch, der durch Unvernunft und Gier die Natur so misshandelt hat, dass er nun
die Folgen tragen muss. Aber solche Sätze helfen jetzt nicht weiter. Auch wenn
manche schnell mit Schuldzuweisungen bei der Hand sind, ich will mich daran
nicht beteiligen. Aber das will ich: Ich will von meinem Gott sprechen, der mir
manchmal fern und fremd ist, wenn ein Unglück passiert, das ich nicht verstehe.
Der aber dann plötzlich auch wieder ganz nahe ist und mir in meinem Unglück und
Leid beisteht. Und das tut er nicht zuletzt durch andere Menschen, die dann für
mich da sind.
Der Dichter Friedrich Hölderlin hat das im Jahre 1802 so
ausgedrückt: »Nah ist und schwer zu
fassen der Gott. Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.« Ja, einerseits
ist Gott nah. Andererseits ist er wieder nur schwer zu fassen und zu begreifen.
Aber das gilt und diese Erfahrung hat jeder von uns schon gemacht und werden
wir auch künftig machen: „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“ Das
war im Kleinen beim Hochwasser in Thann. Das war im Großen beim Hochwasser in
der Eifel. Das ist auch bei dir so, wenn du Hilfe brauchst. Denn, so heißt es
in dem beliebten Lied ‚Harre meine Seele‘: »Wenn alles bricht, Gott verlässt
uns nicht. Größer als der Helfer ist die Not ja nicht!«
Auf
ihn, liebe Freunde, lasst uns vertrauen in guten und in schlechten Zeiten, in
Glück und im Leid, im Sterben und im Leben. Amen
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