Liebe Gemeinde,
die Kirchweih war in früheren Zeiten eines der
wenigen Feste, meistens sogar das einzige Fest auf dem Dorf, an dem die jungen
Leute ausgelassen sein konnten. Oft von den Pfarrern missbilligend beäugt, weil
da getanzt und getrunken wurde und was junge
Leute sonst noch so tun.
Aber warum? So war halt die Zeit und die Moral. In vielen evangelischen Pfarrhäusern war, zumindest nach außen hin, immer Karfreitag. Selbst auf der Kirchweih sollte es nach damaligen Begriffen anständig und
gesittet zugehen. Aber was ist das dann für ein Fest, wenn die jungen Leute und
manche ältere keinen Spaß haben und nicht auch mal über die Stränge schlagen
dürfen?! Versteht denn Gott keinen Spaß? Kann er,
der die Freude geschaffen hat sich nicht mit seinen Menschenkindern freuen? Nein,
er ist kein Spaßverderber, das zeigt Jesus, der auf der Hochzeit zu Kana 750 Liter
Wasser in besten Wein verwandelt hat, damit das Fest weitergehen konnte. 750
Liter, das sind 1000 fränkische Bocksbeutel. Prost!
Ich freute mich jedes Mal, wenn im Thanner Bierzelt nicht nur die jüngeren Leute gefeiert haben, sondern auch unsere Seniorinnen, also die Damen vom Gemeindenachmittag. Sie saßen einträchtig auf einer Bierbank nebeneinander und haben sich über die Leute unterhalten, die aus- und eingingen. Da hatten sie ihren Spaß, und den hab ich ihnen von Herzen gegönnt genauso wie das Bier und das Salzknöchle auf ihrem Tisch.
Schade, dass uns Corona nun schon zum zweiten Mal einen Strich durch unsere Zeltkirchweih gemacht hat. Aber nächstes Jahr holen wir das alles nach. Da bleibt dann kein Auge und keine Kehle trocken. Nein, die Thanner „Kerwa“ lassen wir uns von niemandem nehmen. Bis nächstes Jahr sind alle geimpft und dann gibt es keinen Anlass mehr, dass wir auf dieses Fest verzichten.
Ich denke, wir haben allen Grund, Kirchweih zu feiern, auch wenn vielen das nicht mehr bewusst ist. Was wäre denn unser Dorf ohne die Peterskirche? Und was die Kirche ohne die Dörfer unserer Gemeinde? Sie ist ja um der Menschen willen da. Hier feiern wir unsere Familienfeste und Jubiläen. Hier werden die Kinder und Enkel getauft. Hier werden sie konfirmiert. Hier werden die Brautpaare gesegnet. Hier nehmen wir Abschied von unseren Toten. Und immer wieder feiern wir hier an den Sonntagen und Feiertagen Gottesdienst:
Am
Erntedankfest stehen die Körbe mit den Erntegaben auf den Altarstufen. Am
Ewigkeitssonntag brennen hier auf dem Altar die Kerzen für die Verstorbenen des
letzten Jahres. Am ersten Advent hängt wieder der Kranz unter der Empore und das Adventstor vor dem Altar wird geöffnet. An Weihnachten steht unsere schöne Krippe vor dem großen Christbaum. An Ostern schmückt eine neue Osterkerze die Kirche. An Pfingsten stehen zwei Birken links und rechts vom Altar.
Und sooft wir uns hier treffen, heißt es zu Beginn: „Unsere
Hilfe stehet im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Wir sind hier
zusammenkommen, um miteinander Gottes Wort zu hören, ihn mit unseren Liedern zu
loben und zu preisen, das Brot des Lebens und den Wein der Versöhnung zu
empfangen und alles, was ein jeder von uns auf dem Herzen hat, im Gebet vor
Gott zu bringen.“
Wer weiß schon, meine Lieben, was hier in den
vergangenen Jahrhunderten nicht schon alles vor Gott gebracht worden ist. Erinnerst
du dich noch an das eine oder andere Gebet, das du hier leise gesprochen hast? An
die Bitten in deiner Not und an den Dank für Gottes Hilfe und Segen? Erinnerst
du dich noch an die Tränen, die du hier heimlich geweint hast und an die stille
Freude, die du in deinen glücklichen Tagen hier empfunden hast?
Und so wie dir ging es hier deinen Eltern und Großeltern
und all den Vorfahren, die du gar nicht mehr kennst. In den 20 Jahren, in denen
ich nun schon hier mit euch Gottesdienst feiere, ist mancher Platz verweist. Aber
ich weiß noch genau wo einst der Jul Dürnberger gesessen hat und der Schmied, der
Heiner Schnotz und die Frau Schwab aus Thann. Oder der Karl Niedermüller, die
Maria Binner und die Maria Braun aus Selingsdorf. Oder die Elise Kratzer, der
Georg Seiler und der Meyers Schorsch aus Winkel. Oder der Heinz Herzog und der Hans
Haberecker aus Kallert. Oder der Buckel Heiner, die Schmidts Luis samt Bruder Hans
und die Frau Straßner aus Kaudorf und viele mehr, die ich hier jetzt nicht alle
aufzählen kann. Sie alle liegen nun vor der Kirche auf dem Friedhof.
Inzwischen besuchen andere die Gottesdienste in der
Thanner Kirche und sitzen auf ihren Plätzen. Ich bin zuversichtlich, dass das
auch künftig so bleibt, dass immer wieder welche nachrücken und auch auf euren Plätzen einmal andere sitzen. Sie werden dann genauso wie ihr jetzt Gottes Wort hören, singen und beten. Man muss nicht
immer gleich schwarz sehen.
Jeder von euch hat so seine ganz persönlichen
Gründe, warum er hierher in den Gottesdienst kommt. Aber das verbindet uns
miteinander, dass wir uns hier unserem wunderbaren Gott nahe fühlen, dem
Schöpfer von Himmel und Erde, von dir und mir, unserem barmherzigen Vater. Und
dass hier das Evangelium von unserem Herrn Jesus Christus verkündigt wird, der
Gottes Liebe zu uns auf die Erde gebracht hat, durch den uns vergeben ist und
wir eine lebendige Hoffnung haben, die über den Tod hinausreicht.
Das alles geschieht hier in der Peterskirche, deren Weihe wir jetzt feiern. Und so wollen wir uns heute aufs Neue versprechen: Wir lassen die Kirche im Dorf. Wir halten dieses Haus in Ehren, das unsere Vorfahren gebaut haben und wir ehren in ihm unseren Gott, wie auch sie ihn geehrt haben.
Denn in all den Stürmen der Zeit und unseres Lebens finden wir hier Zuflucht und Trost, bekommen wir neuen Lebensmut und schöpfen wir neue Hoffnung. Hier fassen wir Vertrauen zu unserem Gott, der bei uns ist und bleibt in guten wie in schlechten Zeiten und der seine schützende und segnende Hand über unsere Gemeinde hält und jeden, der bei uns wohnt.
Das, liebe Freunde, ist
doch Grund genug, dass wir jedes Jahr aufs Neue Kirchweih feiern. Heuer noch
mit gebremstem Schaum. Nächstes Jahr aber wieder so, wie wir es seit vielen
Jahren gewohnt sind. Denn die Thanner und die Bewohner aus den Dörfern unserer
Gemeinde lassen sich die Freude am Leben nicht verderben. Auch sie ist schließlich Gottes Geschenk. Amen
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