erlöst und frei hl

Losung: Gott, du hast mich von Jugend auf gelehrt, und noch jetzt verkündige ich deine Wunder. Psalm 71,17 

Lehrtext: Simeon sprach: Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast; denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, das Heil, das du bereitet hast vor allen Völkern. Lukas 2,29-31 

Liebe Leserin, lieber Leser,

"Das Heil, das du bereitet hast", betet der alte Simeon, als er das Jesuskind im Arm seiner Mutter sieht (Lehrtext). Dietrich Bonhoeffer dreht den Satz um und bringt es auf den Punkt, als er in seiner Todeszelle zum Jahreswechsel 1944 auf 1945 das Lied "Von guten Mächten" dichtet. Darin heißt es in Vers 2:

"Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das du uns bereitet hast."

Ich meine, es lohnt sich, über diesen Unterschied nachzudenken. Beide, Simeon und Bonhoeffer, sehen das Heil der Welt, also die umfassende Rettung aus aller Not, in Jesus. Simeon sagt, dass Gott dieses Heil "bereitet" und Jesus gesandt hat. Soweit, so gut, so bekannt.

Bonhoeffer aber sieht tiefer: Wir sind es, die Gott für das Heil, wie es uns in Jesus begegnet, (zu)bereitet hat, wofür er uns geschaffen hat. Das ist unsere Bestimmung. Wir werden nicht erst noch gerettet, erlöst, vollendet. Wir sind es schon von Anfang an.

In der Bibel heißt es: "Durch Christus und zu ihm ist alles geschaffen." (Kolosser 1,16 b) Er ist dein und mein Heil in Person. Anders gesagt, wir kommen schon als von Christus erlöste Kinder Gottes auf die Welt und bleiben, wozu wir bereitet und geschaffen sind. Hier ist nicht erst der Ort der Prüfung und Bewährung. Die "Prüfung", wenn man denn so reden will, hat Jesus stellvertretend für mich schon bestanden. Diese Welt ist der Ort, wo ich gelassen leben kann, was ich jetzt schon bin: ein Mensch, der sich dessen bewusst ist, erlöst zu sein.

Das ist Freiheit

Das ist so. Daran kann ich nichts ändern, wie ich auch lebe, wie ich auch glaube oder nicht glaube. Das, liebe Leserin, lieber Leser, ist das Gold des Evangeliums, ist frohe Botschaft pur, ist Jesus Christus wie er leibt und lebt. 

Das ist zugleich das Ende aller Religion, aller Gesetzlichkeit, aller Selbsterlösung, aller Gebote und Verbote. Das ist das Ende aller kirchlichen Bevormundung, allen religiösen Hochmuts, aller Angst und des egozentrischen Wahns irgendeiner Erwählung oder Bevorzugung durch Gott. Das ist die Freiheit, zu der uns Christus befreit hat (Galater 5,1).

Was das für dich heißt, weiß ich nicht. Für mich heißt das: Ich bin für das Heil bereitet, dafür, jetzt schon frei und erlöst zu sein. Bin gerettet aus meinen Sorgen und meiner Not, aus meinen Enttäuschungen und meinem Tod. Ich könnte glauben, was ich bin. Könnte Gott meine Sorgen geben und froh und unbeschwert leben, wozu ich geschaffen bin.“ Doch ich tue mich schwer damit. Ja, ich bin für sein Heil bereitet. Aber bin ich dafür auch bereit?

Gebet: Herr, mein Glaube ist zu klein für dein Heil. Ich kann es nicht fassen. Ach könnte ich es doch, wie wunderbar geborgen wäre ich in dir. Wie froh könnte ich dann sein, wie unbeschwert und getrost allem zum Trotz, was mich belastet. Stärke meinen Glauben. Amen

Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.

Noch will das Alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last,
ach, Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das Du uns bereitet hast.

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist mit uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag. 

Herzliche Grüße, 

Ihr / dein Hans Löhr 

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1728 erschien in Herrnhut die erste Tageslosung, ein Bibelwort aus dem Alten Testament, das für jeden Tag des Jahres ausgelost wird. Dazu wird der Lehrtext, ein passendes Bibelwort aus dem Neuen Testament, ausgesucht. Inzwischen erscheinen die täglichen „Losungen“ in etwa 50 Sprachen. Ich lege Losung und Lehrtext aus, weil einer Untersuchung zufolge das Nachdenken über Bibelworte den Glauben am stärksten wachsen lässt. 
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